ERASMUS 2017–2018 in Paris (III)

Erfahrungsbericht Erasmus Paris:

  1. Vorbereitung

Von der Möglichkeit sich für einen Erasmusaufenthalt an der Sorbonne Nouvelle Paris 3 zu bewerben, habe ich durch eine E-Mail unserer Institutsleitung der Filmwissenschaft erfahren. In dieser wurde auf die nächste Infoveranstaltung hingewiesen und genaue Angaben dazu gegeben, wie das Bewerbungsverfahren ablaufen wird. Da ich von Beginn an meines Studiums sehr motiviert war Erfahrungen im Ausland zu sammeln, nutzte ich die Möglichkeit mich für mein 5. und 6. Studiensemester zu bewerben. Die Wahl auf die Sorbonne fiel durch das geringe Angebot, den guten Ruf der Universität und meinen Wunsch, besser Französisch zu lernen, recht leicht.

Da die Bewerberzahl genau mit den freien Plätzen an der Sorbonne übereingestimmt hat, war schnell klar, dass ich meinen Studienplatz bekommen werde. Nachdem ich die offizielle Zusage von Erasmus bekommen hatte, war der erste Schritt, mich an der Sorbonne Nouvelle 3 einzuschreiben. Dieses geschah durch ein Online-Portal, in welchem bereits Angaben zu der Fächerwahl und dem Learning Agreement gemacht werden mussten. Da jedoch der Kurskatalog für die Semester erst nach Ende der Einschreibungsfrist Mitte Mai feststand, wurde anhand des alten Kurskatalogs das Learning Agreement ausgefüllt und eingeschickt. Wichtig bei dem Learning Agreement ist, dass die Kurse, die an der Austauschuniversität besucht werden, in etwa die gleichen Inhalte thematisieren, wie die Kurse, die an der Universität in Mainz angerechnet werden sollen. Knappe zwei Monate später erhielt ich dann die offizielle Bestätigung der Sorbonne Nouvelle Paris 3, dass ich die kommenden zwei Semester im Fachbereich „Cinéma et audiovisuel“ studieren werde. Da die Kurse an der Sorbonne alle auf Französisch abgehalten werden, besuchte ich zur Vorbereitung einen Französischkurs an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Zudem musste kurz vor Beginn des Aufenthalts ein Sprachnachweis mit dem von Erasmus organisierten OLS-Test absolviert werden, um in die vor Ort stattfindenden Sprachkurse eingestuft zu werden.

  1. Anreise & Unterkunft

Da meine Eltern mich leider nicht mit dem Auto nach Paris bringen konnten, wählte ich den Zug als Transportmittel, um möglichst viel Gepäck kostengünstig mitnehmen zu können. Die Fahrt aus Mainz dauerte ungefähr 4 Stunden und ich musste nur einmal in Mannheim umsteigen. Der meiste Fernverkehr aus Deutschland trifft im Gare de l’Est in Paris ein.

Von dort aus bin ich anschließend zu meiner Unterkunft nach Pantin gefahren, einem Stadtteil, der ans 19. Arrondissement grenzt und in dem ich eine Wohngemeinschaft mit vier anderen Personen gefunden hatte. Bei der Wohnungssuche habe ich mich an die deutsche Internetseite www.wg-gesucht.de gehalten, über die auch ein paar andere Freunde gesucht hatten und fündig geworden sind. Ich wohnte mit 2 anderen Studenten, einem Deutschen und einer Französin sowie der Vermieterin und ihrem Sohn zusammen. Die Miete betrug 580 €. Nach dem ersten Semester entschied ich mich allerdings dazu, meine Unterkunft zu wechseln, da die Fahrt an die Universität mit 50 Minuten sehr lang war und ich mich im Allgemeinen nicht sehr wohl in der Wohnung gefühlt hatte. Anschließend fand ich mit Hilfe einer deutschen Freundin ein Zimmer in einer schönen Altbauwohnung direkt in Montmartre, das mit 670 € zwar noch teurer war, dennoch aufgrund der guten Lage und der verkürzten Fahrtzeit die richtige Entscheidung gewesen ist.

  1. Studium

Bevor das offizielle Semester begann, gab es für alle Austauschstudenten eine Art Einführungswoche an der Sorbonne Nouvelle 3. Begonnen hat diese mit einer großen Informationsveranstaltung, in der Information zur allgemeinen Organisation und vor allem zur Inscription pédagogique, sprich der Kurswahl, gegeben wurden. Jeder Student hat eine Übersicht bekommen, an welchen Tagen in welchem Büro die Kursanmeldung stattfindet und zusätzlich wurden in den einzelnen Fachbereichen noch einmal Veranstaltungen angeboten. Etwas ungünstig lief dabei allerdings die Organisation im Fachbereich „Cinéma et audiovisuel“. Da die Sorbonne Nouvelle 3 in diesem Jahr zu viele Studenten angenommen hatte und alle „richtigen“ Studenten schon zwei Wochen vor den Austauschstudenten ihre Kurse wählten, waren viele Seminare voll und es gab kaum noch Plätze für die Austauschstudenten. Als Folge hatte das, dass weder die Kurse gewählt werden konnten, die einen interessierten, noch die Kurse, die vorher im Learning Agreement bereits angegeben wurden. Verteilt wurde danach, wo noch Plätze frei waren. Dadurch musste das Learning Agreement fast komplett im Changes to the Learning Agreement geändert werden.

Nachdem der Stress mit der Einschreibung überstanden war, begann allmählich der Universitätsalltag. Vor allem in den Seminaren nahm das Lehrpersonal Rücksicht auf Sprachprobleme und man konnte sich bei Fragen immer an Mitstudenten wenden. Generell unterscheidet sich das System in Frankreich von dem an der Johannes Gutenberg-Universität soweit, dass statt einer zusammenfassenden Modulabschlussprüfung in jedem Kurs eine Prüfung abgelegt werden muss, die meistens aus einem Exposé, einem Dossier und einer Klausur bestand. Aus diesen Komponenten wurde dann die Endnote zusammengezogen. Alle Klausuren fanden in der letzten Semesterwoche vor den Ferien statt. Anders als in Deutschland gibt es dabei ein Punktesystem zwischen 1 und 20, wobei erst ab 10 Punkten die Prüfung als bestanden gilt. Vor allem die erste Vorbereitungsphase hatte sich, dadurch dass alles gleichzeitig stattfand und man noch nicht ganz vertraut mit System war, stressig und nervenaufreibend gestaltet. Dieser Stress fiel allerdings nach den ersten überstandenen Prüfungen ab. Im zweiten Semester waren einem die Handlungsabläufe und Prozesse vertrauter.

Vor allem im zweiten Semester war das Leben an der Universität durch ein neues Gesetz der Regierung und die darauf folgenden Proteste und Demonstrationen geprägt. Zu Beginn des Semesters kamen immer wieder Studenten in die Vorlesungen und Seminare, um ihre Mitstudenten zum Streik aufzurufen. Umgesetzt wurden diese Forderungen Anfang April, als mehrere Studenten die Universitätsgebäude der Sorbonne Nouvelle 3 für mehrere Wochen besetzten und weder Kurse noch Prüfungen stattfinden konnten. Im Allgemeinen liefen diese Proteste friedlich ab und es gab jede Woche eine neue Wahl, bei der sowohl Studenten als auch das Personal darüber abstimmen konnten, ob die Proteste fortgeführt werden sollen. Da bei diesen Wahlen meist sehr deutlich für ein Fortlaufen der Proteste gestimmt wurde, fiel die Prüfungsphase in der letzten Aprilwoche aus. Damit trotzdem Noten angerechnet werden konnten, fanden einige Tests von zuhause aus statt oder wurden durch Dossiers ersetzt, die per Mail an den zuständigen Professor gesendet werden sollten. Vor allem in den großen Vorlesungen, von denen ich drei besuchte, gestaltete sich das schwierig, weshalb alle drei neutralisiert wurden und somit keine Prüfung stattfand. Das Problem dabei war, dass als Erasmusstudent eine Prüfungsleistung erbracht werden muss, um die geforderten Richtlinien einzuhalten. Im Zuge dessen musste ich knapp einen Monat nach eigentlichem Semesterende und Studienende die Prüfungen nachholen.

  1. Alltag/Freizeit

Meine größte Herausforderung war zu Beginn die Sprachbarriere. Meine vier Jahre Schulfranzösisch waren durch die dreijährige Pause des Studiums in Vergessenheit geraten und so bemühte ich mich zu Beginn vor allem Kontakt mit Einheimischen aufzunehmen, um mich schnell in die Sprache und die Kultur einzufinden. Von Erasmus gab es viele organisierte Veranstaltungen, die beim Kennenlernen und beim Einleben helfen sollten, die jedoch durch die große Anzahl der Studenten häufig überfüllt waren. Ein weiteres Angebot waren Sprachtandems mit Studenten von der Sorbonne, die einem gute Tipps zum allgemeinen Universitätsleben und zum Freizeitangebot gaben. Generell bietet Paris ein Riesenangebot an kulturellen Möglichkeiten. Die großen Museen, wie das Louvre oder das Musée d’Orsay, sind für Studenten kostenlos und im Sommer gibt es viele Open-Air-Veranstaltungen mit Konzerten und kostenfreien Filmvorführungen. Zudem befinden sich an jeder Straßenecke Cafés, Bars und Restaurants, die einen durch die Vielfalt der Weltküche führen. Generell eigenen sich vor allem das Marais, das 19. Arrondissement und die Kneipen um die Bastille herum, um abseits vom Touristenwahn auszugehen.

Dennoch ist nicht zu vergessen, dass Paris eine sehr teure Stadt ist und dass die Erasmusförderung nur einen Bruchteil der anzustehenden Kosten abdeckt. Viele meiner Mitstudenten haben sich aus diesem Grund einen Nebenjob in einem Café gesucht. Außerdem stellt der französische Staat mit dem CAF eine Hilfe auf Wohngeld zur Verfügung, die auch von ausländischen Studenten beantragt werden kann. Wichtig ist dabei, dass bei der Wohnungssuche darauf geachtet wird, dass der Mietvertrag diese Beantragung zulässt.

  1. Fazit

Für mich war das Auslandsjahr eine Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen möchte und die mir nicht nur in Hinsicht auf meine Sprachkompetenzen viel gebracht hat. Sie verhalf mir auch zu mehr Selbstständigkeit, einem besseren Verständnis anderer Kulturen sowie zu mehr Selbstbewusstsein. Aus diesem Grund kann ich jedem, der die Möglichkeit hat sich zu bewerben, nur wärmstens ans Herz legen, dieses zu tun. Zudem kann ich nur empfehlen ein ganzes Jahr wegzugehen, da das erste Semester viel durch die Eingewöhnung und das Zurechtfinden im französischen Organisationschaos geprägt ist. Ab dem zweiten Semester begann für mich erst das richtige Universitätsleben, in dem ich die Kurse und Prozesse verstand, meine Sprachprobleme weitestgehend überwunden und meine Freunde gefunden hatte.