Aktuelles Lehrangebot

S. Gegenstände: Reenacting Fassbinder

Dozent:innen: Anna Bell
Kurzname: 05.054.24_100
Kurs-Nr.: 05.054.24_100
Kurstyp: Seminar

Inhalt

It works to ritually renew the bonds with an original event, to provide an exemplary image of conversion, or to create a form of embodied memorial. Still, the actual protagonist’s replay always introduces a differential, a disturbance. The films push us to ask how the gap between past and present is configured within the work […] how reenactment contributes, through embodied experience, to a future archive. Margulies, Ivone: In Person: Reenactment in Postwar and Contemporary Cinema, New York: Oxford University Press, 2019, S. 5.
Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) dreht ab Ende der 1960er Jahre bis zu seinem frühen Tod im Alter von nur 37 Jahren über 40 Filme. Er gilt als Chronist der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts sowie der damit verknüpften Frauenschicksale und als westdeutscher Pionier des queeren Kinos. Dieses Seminar setzt sich mit vielfältigen Reenactments in und um Fassbinders Leben und Arbeit auseinander. Reenactment als produktive Medienpraxis ist keine bloße Reproduktion eines „Originals.“. Reenactment ist ein schöpferischer Akt mit einer bewussten Distanz zum Gespielten, der die mediale Vermitteltheit, die semiotische Verdichtung und die Irritation miteinkalkuliert.
Schauspielerin Eva Mattes „drückt den Hut ins Gesicht, holt eine Zigarette aus dem Lederpanzer, schiebt sie in den Mund, zündet sie an und zieht Männlichkeit tief in die Lungen ein“, schreibt Birgit Laban 1983 im Stern-Artikel „Wie die Eva Rainer wird“ über Radu Gabreas Spielfilm Ein Mann wie E.V.A. Eine Persiflage auf die Arbeitsweise des Regisseurs Fassbinder, die Mattes auch aus der Perspektive als Schauspielerin in seinen Filmen vertraut ist. Auch Fassbinder selbst reflektiert sich und seine Arbeit kritisch mit Hilfe von filmischem (In-Person) Reenactment, beispielsweise in Warnung vor einer heiligen Nutte (1972) und in seinem Beitrag zum Gemeinschaftswerk Deutschland im Herbst (1978) bezüglich privater Beziehungen und seiner emotionalen Hilflosigkeit in Bezug auf politische Ereignisse. Franc¸ois Ozons Peter von Kant (2022) könnte man als eine Symbiose aus Leben und Werk Fassbinders bezeichnen: Hauptdarsteller Denis Me´nochet verkörpert Peter von Kant nicht nur als männliches, schwules Pendant zu Fassbinders lesbischer Modedesignerin aus Die bitteren Tränen der Petra von Kant (1972), sondern als kettenrauchenden und trinkenden Regisseur mit dunklen, kurzen, wirren Haaren, Bart und Lederweste. Das Reenactment in Ming Wongs digitaler Videoinstallation Lerne Deutsch mit Petra von Kant (2007) spielt neben Crossdressing und Gender, auch mit den Themen Herkunft und Sprache.
Anhand ausgewählter Texte zum Konzept des Reenactments, sowie weiterer Texte und Filmbeispiele, die Bezug nehmen auf Fassbinders Leben und Werk, führt das Seminar in Reenactment als produktive Medienpraktik ein. Ziel des Seminars ist es eine Brücke zwischen Reenactment als Theorie, künstlerischem Werkzeug und analytischem Instrument zu schlagen sowie über die Aktualität Fassbinders nachzudenken. Dazu sollen auch Fragen zu Erinnerung und Zeitlichkeit, Körper, Kleidung, Gender und Affekt diskutiert werden.

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
06.01.2025 (Montag) 14:15 - 17:45 00 211 Hörsaal
9181 - Medienhaus
13.01.2025 (Montag) 14:15 - 17:45 00 211 Hörsaal
9181 - Medienhaus
18.01.2025 (Samstag) 10:15 - 16:45 00 211 Hörsaal
9181 - Medienhaus
20.01.2025 (Montag) 14:15 - 17:45 00 211 Hörsaal
9181 - Medienhaus
27.01.2025 (Montag) 14:15 - 17:45 00 171 P4
1141 - Philosophisches Seminargebäude
03.02.2025 (Montag) 14:15 - 17:45 00 211 Hörsaal
9181 - Medienhaus