Dr. Tullio Richter-Hansen

HS. Film als Experimentierfeld der Sinne: Wissenschaftsleugnung im Film

Dozent:innen: Dr. Tullio Richter-Hansen
Kurzname: HS Film Exp Sinne
Kurs-Nr.: 05.054.16_1020
Kurstyp: Hauptseminar

Voraussetzungen / Organisatorisches

Das Hauptseminar kann nur gemeinsam mit dem „SLS. Angeleitete Sichtung zum HS.“ besucht werden! Die Anmeldung zur Sichtung erfolgt nach der 3. Lehrveranstaltungsanmeldephase durch das Studienbüro FTMK.

Hinweis für Studierende der PO 2011:
Die Teilnahme am „SLS. Angeleitete Sichtung“ ist eine verpflichtende Studienleistung.

Empfohlene Literatur

Oreskes, Naomi/Conway, Erik M.: Merchants of Doubt, 2. Aufl., New York u.a. 2019
Sinatra, Gale M./Hofer, Barbara K.: Science Denial, New York 2021

Inhalt

Wissenschaftsleugnung besteht selten in der vollständigen Ablehnung wissenschaftlicher Methoden und Ergebnisse. Gemeint ist meist eine höchst selektive Ablehnung, die sich auf den geltenden wissenschaftlichen Konsens bezieht. Dieser situative Stand der Wissenschaft wird als wahrheitswidriges Konstrukt einer Autorität mit verborgenen, unlauteren Zielen empfunden. Wesentliche Treiber dieser Pandemie sind (dysfunktionaler) Skeptizismus und (destruktive) Paranoia. Damit erweist sich Wissenschaftsleugnung als ihrerseits wissenschaftliche Technologie, zumindest in Ansätzen. Gleichzeitig liegt ihr ein mangelhaftes Verständnis von Wissenschaft zugrunde, das u.a. die Prozessualität, Situiertheit und politische Differenzialität jeder Erzeugung objektiven Wissens verkennt. Vielmehr ist Wissenschaftsleugnung in aller Regel mit diffusen Verschwörungsideologien und/oder konkreten Verschwörungserzählungen (die fast immer gewisse Wissenschaftsbezüge aufweisen) verbunden. Insofern ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Wissenschaftsleugnung höchst komplex, tendenziell paradox und sollte stets selbstkritisch sein.
 
Während Wissenschaftsleugnung im Zuge gegenwärtiger Krisen – etwa Klimakatastrophe, COVID-19-Pandemie, systemischer Rassismus, Sexismus, Antisemitismus – immer virulenter wird, rückt das Phänomen erst langsam in den wissenschaftlichen Fokus. Das gilt auch für die Filmwissenschaft, obwohl die Leugnung wissenschaftlicher Kenntnisstände in filmischen Erzählungen weit verbreitet ist. Dies beschränkt sich keineswegs auf die kinematografische Verbreitung von Verschwörungsnarrativen, also ihrerseits wissenschaftsleugnende Filme wie etwa JFK (1991) oder LOOSE CHANGE (2005), sondern betrifft das Kino insgesamt. Etwa spielt in den Erzählungen von JAWS (1975), GHOSTBUSTERS (1984) und THE DAY AFTER TOMORROW (2004) die partiale Leugnung des jeweiligen diegetischen Wissenskonsenses eine entscheidende Rolle – so sehr dieser dem außerfilmischem Wissenskonsens wiederum widersprechen mag. Dass Wissenschaftsleugnung sogar zum Hauptthema filmischer Narrative wird wie jüngst in MERCHANTS OF DOUBT (2014) und DON’T LOOK UP (2021), ist die Ausnahme; die Aktualität dieser beiden Fälle deutet aber auf die zunehmende Brisanz der Problematik hin.
 
Hinter dem Seminar steht die – konspirationslogische! – Vermutung, dass das Kino von Verschwörungsdenken im Allgemeinen und dem Motiv der Wissenschaftsleugnung im Besonderen regelrecht durchzogen ist und dass dies mit entsprechenden außerfilmischen Tendenzen in bisher unbemerkter Weise wechselweise verflochten sein dürfte. Nach einer theoretischen Phase mit Ausflügen in die Wissenschaftstheorie, Epistemologie und erste Forschungen zu Science Denial wird der Kern des Seminars in filmhistoriografischer Recherche bestehen, die dieser These nachgeht. In Einzel- und Gruppenarbeit sollen relevante Medien ermittelt, Filme und Serien gesichtet, der jeweilige Bezug zu Wissenschaftsleugnung analysiert sowie die Rechercheergebnisse gemeinsam ausgewertet werden. Der letzte Teil des Seminars wird im Versuch einer ersten Theoretisisierung des Phänomens aus filmwissenschaftlicher Perspektive bestehen.

Die Teilnahme am zugehörigen Selbstlernseminar (SLS) ist obligatorisch; dieses wird meist – aber nicht durchgängig – in Form gemeinsamer Sichtungstermine (dienstags 14–16 Uhr) stattfinden.

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
18.04.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
25.04.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
02.05.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
09.05.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
16.05.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
23.05.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
30.05.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
06.06.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
13.06.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
20.06.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
27.06.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
04.07.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
11.07.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus
18.07.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 110 PC-Raum, Seminarraum 2
9181 - Medienhaus