WiSe 2022/23: Aspekte des dokumentarischen Arbeitens: Ecocinema

Leitung: Univ.-Prof. Dr. Katja Schupp (Journalistisches Seminar) & Dr. Roman Mauer (Filmwissenschaft/Mediendramaturgie, FTMK). Mitwirkung: Markus Reuter, M.A. (Journalistische Seminar), Rob Alan Martin (Produzent).

Gegenstand der Ringvorlesung sind Ästhetik, Theorie und Praxis des dokumentarischen Arbeitens in Geschichte und Gegenwart. Mit dem diesjährigen Themenschwerpunkt „Ecocinema“ widmet sich die Veranstaltung Dokumentarfilmen, die ökologische Fragen ins Zentrum stellen. Umweltrisiken, Ethik- und Gerechtigkeitsfragen, aber auch Mensch-Umwelt-Beziehungen werden im Diskursuniversum dieser Filme inhaltlich und ästhetisch behandelt und aus den unterschiedlichen Perspektiven der Vertreter*innen des Journalistischen Seminars und der Filmwissenschaft sowie der ausgewählten Gäste aus Wissenschaft und Praxis untersucht.


Mi, 26.10.2022

Dr. Roman Mauer

Einführung in die Dokumentarfilm-Theorie

 

Fr, 3.11.2022 & Mi, 9.11.2022

Univ.-Prof. Dr. Katja Schupp

Geschichte und Gegenwart des Dokumentarfilms

 

Mi, 16.11.2022

Assoc. Prof. Dr. Alexa Weik von Mossner (Universität Klagenfurt)

Ecocinema and Green Cinema: Environmental Documentaries as Warnings

Die ökokritische Medienwissenschaftlerin und Drehbuchautorin Alexa von Weik von Mossner thematisiert Klimawandel-Dokumentarfilme und stellt hierbei die dystopisch-warnenden den utopisch-hoffnungsvollen Zukunftsvisionen gegenüber, um die jeweilige Wirkung zu diskutieren und die Bedeutung von filmischen Grenzüberschreitungen zwischen Fakt und Fiktion einzuschätzen.

 

Mi, 23.11.2022

Activist or Documentarist? Working conditions and effects of documentary work on the example of eco-critical films by the Ukrainian

Im Gespräch: Illa Yehorov (Regisseur) von BABYLON 13, Moderation: Marina Grytsai

Der Krieg in der Ukraine, seit der Invasion russischer Truppen am 24. Februar 2022, zerstört auch ökologische Lebensgrundlagen. Aktuelle ökokritische Filme von Aktivist*innen aus der Ukraine zeigen und diskutieren die Auswirkungen des Krieges auf Natur und Klima. Zu Gast ist der Filmemacher Illa Yehorov des Filmkolllektivs BABYLON’13, ein Verbund unabhängiger Dokumentarfilmemacher*innen, der sich am Anfang des Euromaidans formierte und seit 2013 über 300 Filme u.a. auf dem gleichnamigen YouTube-Kanal veröffentlicht hat.

 

Mi, 30.11.2022

Special Production Conditions: The Sea as a Stage on the Example of „Saving Jaws“ (USA 2019), Im Gespräch: Brando Keoni Bowthorpe (Regisseur) und Rob Alan Martin (Produzent) 

Die Zahl der Tierhorror-Filmproduktionen, die den Hai ins Zentrum stellen, sind seit dem Film JAWS (Der weiße Hai, USA 1977, R: Steven Spielberg) gestiegen und ab den 2000er Jahren exponentiell gewachsen. In jüngster Zeit allerdings bemühen sich Dokumentarfilme, auf die weltweite Dezimierung der Haipopulationen, die gravierende Folgen für die ökologischen Systeme hat, hinzuweisen und stereotype Darstellungen des Hais zu korrigieren. SAVING JAWS (USA 2019) porträtiert die kontrovers diskutierte Freitaucherin Ocean Ramsey, die mit spektakulären Tauchgängen mit weißen Haien für den Schutz der Arten kämpft. Die Veranstaltung wird mit dem Regisseur und Produzenten u.a. auch die Produktionsbedingungen dokumentarischer Arbeit diskutieren.

 

Mi., 7.12.2022

„Die Wiese“ (2019) – Bilder, Töne und Geschichten aus einem Ökosystem vor der Haustür.

Werkstattgespräch mit Jan Haft (Regisseur und Kameramann)

Ökologischer Film - das heißt auch: die Beschränkungen menschlicher Wahrnehmung zu überwinden und dem Publikum einen Zugang zu schaffen zu Bereichen der Natur, die sonst verborgen blieben, obwohl sie - wie im Fall der Wiese - buchstäblich vor unseren Füßen liegen. Die andere Welt im Kleinen wird durch Makroaufnahmen sichtbar und die Rhythmen von Flora und Fauna, die für das Auge zu langsam oder zu schnell ablaufen, mit Zeitlupe und Zeitraffer erfahrbar. Inwiefern diese Übersetzungsleistung der filmischen Ästhetik eine Dokumentation oder eine Verfremdung, Wiedergabe oder Neuschaffung ist, wird u.a. mit dem Regisseur und Kameramann Jan Haft diskutiert.

 

Mi, 21.12.2022

Tabea Wächtler, M.A.

Das Thema Nachhaltigkeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen am Beispiel des ZDF

Nachhaltigkeit - dem Thema kann sich auch die Film- und Fernsehbranche nicht mehr verwehren. Im Zentrum der Debatte steht oftmals die Herausforderung einer ressourcenschonenden Produktion und Distribution (Green Production). Ein anderer Aspekt ist nicht minder bedeutsam, findet allerdings seltener Beachtung, nämlich die Frage, wo das Thema Nachhaltigkeit im Fernsehprogramm überhaupt eine Rolle spielen und ob es angesichts der Multidimensionalität der Problematik von Klimakrise und Artensterben, Energiewende und ökologischem Wandel vorrangig nur von einer Gattung (wie dem Dokumentarischen) behandelt werden sollte. Die Filmwissenschaftlerin Tabea Wächtler zeigt auf, dass die verschiedenen Formate des Fernsehens aufgrund der Genre- und Gattungskonventionen sowie der formatinternen Strukturen ein breites Spektrum an Möglichkeiten und Perspektiven bieten. Anhand ausgewählter Formate des ZDF untersucht sie, wie sich eine spartenübergreifende Aufarbeitung (auch in Unterhaltungsformaten) auswirkt und diskutiert die jeweilige Qualität und Bedeutung.

 

Mi, 11.01.2023

Univ.-Prof. Dr. Katja Schupp, Rob Alan Martin

"Getting good interviews at eye level". Interviews in der dokumentarischen Arbeit.

Persönliche Erinnerungen von Zeitzeug*innen, die behutsam zutage gefördert werden; komplexe Aussagen von Expert*innen, die zugleich dicht und verständlich ein Thema auf den Punkt bringen; emotionale Reaktionen und Meinungen von Betroffenen, die nicht bloßgestellt werden dürfen – immer sind es Interviews, die zur Grundlage werden für Dokumentarfilme. Wie gelingt ein Interview? Wie lassen sich Menschen im Interview porträtieren? Wie lässt sich Vertrauen aufbauen? Was sind gute Fragen? Und nicht zuletzt: Wie wichtig ist es, auch Stille zuzulassen?

 

Mi, 18.01.2023

„Der Bauer und der Bobo“ (2022)

Werkstattgespräch mit Regisseur Kurt Langbein über den Gestaltungs- und Produktionsprozess

Einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme des letzten Jahres, Der Bauer und der Bobo (2022), verfolgt den Konflikt zwischen dem Bergbauern Christian Bachler, der sich mit Social Media zur Wehr setzt, und dem Wiener Chefredakteur Florian Klenk. Aus gegenseitigem Unverständnis entwickelt sich eine Auseinandersetzung über klimaschonende Landwirtschaft und schließlich eine Freundschaft.

"Der Film Der Bauer und der Bobo begleitet Christian Bachler, der als rebellischer Antiheld zwischen Alm, Schlachtbank und Küchentisch Florian Klenk als dem Wiener Bohemien – eben dem Bobo – die größeren Zusammenhänge zwischen Natur, Gesetzgebung und Lebensmittelbepreisung erklärt. Wie die großen Weltmärkte die Lebensmittelpreise von kleinen Landwirtschaftsbetrieben im hintersten Tal dominieren, wie das alles von Banken finanziert und von der Europäischen Union subventioniert wird, aber auch wie der Klimawandel die Alpen zerstört." (Julia Baschiera, Deutschlandfunk)

 

Mi, 25.01.2023

"The Last Letter to Nasser“ (2022)

Werkstattgespräch mit Fayza Harby-Bemmann über den Bau des Assuan Staudamms und die Folgen

Fayza Harby-Bemmann, geboren in Kuwait, ist eine ägyptische Filmemacherin, Anthropologin und Autorin aus Alexandria. Sie drehte mehrere Kurzfilme in Ägypten, leitet 2015 bis 2017 das Filmfestival Alexandria und realisierte mit THE LAST LETTER TO NASSER (2022) ihren ersten dokumentarischen Langfilm.

 

Mi, 01.02. 2023

Filmisch. Kritisch. Denken: Der Videoessay und die Klimakrise

Vorstellung und Diskussion von sechs studentischen Arbeiten aus der Filmwissenschaft Mainz zum ökologischen Bewusstsein von Filmen. Im Videoessay kommen Wissenschaft und Kunst, Analyse und Ästhetik zusammen – zum audiovisuellen Verständnis einer audiovisuellen Form. Die vorgestellten Eco-Videoessays perspektivieren das ethische, ästhetische und politische Zusammenspiel von Natur, Mensch und Film und fordern eine Aufhebung der Trennung von Mensch und Natur.

 

Mi, 08.02.2023

Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in der aktuellen Klimakrise am Beispiel von ARTE

Im Gespräch: Wolfgang Bergmann (Geschäftsführer ARTE Deutschland und ARTE-Koordinator des ZDF)

Welche Aufgabe kommt einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, der seine Priorität in der deutsch-französischen Vermittlung von Kultur und Bildung sieht, in der Klimakrise zu? Welche Auswirkungen haben Themen, wie Klima- und Artenschutz, Nachhaltigkeit und Energiewende, auf die Programmplanung? Wie sehr stehen hier die dokumentarischen Formate in der Pflicht? Worauf sollen sich die Sendungen fokussieren angesichts der Tatsache, dass die ökologische Wende eine gesellschaftliche Aufgabe ist, die nahezu alle Bereiche durchdringt? Wie werden dahingehend komplexe Hintergründe und Prozesse in Ökologie und Technik, Politik und Wirtschaft, Soziologie und Psychologie dem Publikum vermittelt?