Internationale Vortragsreihe
Vortragende: Eugen Wassiliwizky, Colin Devey, Ramón Reichert, Jonathan Williams, Livia Prüll, Antonia Lant, Stefan Aufenanger, Dieter Dörr, Thorolf Lipp, Elisabeth Sommerlad, Bettina Kümmerling-Meibauer, Christoph Günther, Bernd Zywietz, Tullio Richter-Hansen, Philipp Scheid. Markus Schroer.
Organisation: Univ.-Prof. Dr. Oksana Bulgakowa, Dr. Roman Mauer
Kontakt: romauer@uni-mainz.de
Der Erforschung des Films widmen sich nicht nur die Film- und die Medienwissenschaft. In zahlreichen und höchst unterschiedlichen Disziplinen spielt Film eine Rolle, wird selbst untersucht oder zu Forschungszwecken eingesetzt. In manchen Wissenschaften ist das Interesse so groß, dass sich selbstständige Fachrichtungen ausbilden, wie Visuelle Anthropologie, Filmsoziologie, Filmgeographie, Filmpädagogik, Filmpsychologie.Die Vortragsreihe fragt nach dem Forschungsinteresse, das andere Wissenschaften an den Gegenstand Film richten. Welche Methoden setzen sie dabei ein? Was kann die Filmwissenschaft von den Erkenntnissen und Verfahren dieser Disziplinen lernen?
16. Oktober - EMOTIONSFORSCHUNG
Dr. Eugen Wassiliwizky (Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, Frankfurt am Main)
Ein Blick auf den Film durch die Gänsehautkamera
Filme können uns emotional stark bewegen – manchmal so sehr, dass wir eine Gänsehaut bekommen. Doch was passiert in einem solchen Moment auf der Leinwand? Und was passiert in unserem Gehirn? Dieser Vortrag soll einen Einblick in das emotionale Bewegtsein aus beiden Perspektiven geben.
23. Oktober - MEERESFORSCHUNG
Prof. Dr. Colin Devey (GEOMAR Helmholtz Centre for Ocean Research, Kiel)
Die Kamera als Explorationstool – filmen in der Tiefsee
Tiefseeforschung erfolgt vor allem mit Tauchrobotern und Kameras. Der Vortrag wird Methoden des Filmens in der Tiefsee vorstellen. Repräsentiert das, was dann sehen, tatsächlich das (normalerweise dunkle) Habitat? Welchen Entwicklungen gehen die Meeresforscher bei GEOMAR aktuell nach, um Dreiviertel unseres Planeten zu filmen? Wie finden sie sich in dem aufgenommenen Material zurecht? Die Entwicklungen stehen erst am Anfang, lassen aber erahnen, mit welchen Entdeckungen in der Zukunft zu rechnen ist.
30. Oktober - ÖKONOMIE
Dr. habil. Ramón Reichert (Institut für Soziologie, Universität Wien)
Effizienzfieber – Zu Film und Ökonomie
Seit ihren ersten Anfängen setzte sich die Kinematographie mit der Ökonomie der Bewegung und der Verhaltensweisen auseinander. Filmische Techniken wie Montage, Zeitraffer und Zwischentitel wurden gezielt zur Effizienzsteigerung und Optimierung menschlicher Tätigkeiten eingesetzt. Im Vortrag werden die filmgeschichtlichen und mediengenealogischen Kontexte des strategischen Verhältnisses von Film und Ökonomie entlang exemplarischer Umbrüche untersucht.
6. November - CHEMIE
Prof. Dr. Jonathan Williams (Cyprus Institute, Nikosia, Zypern, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz)
Spannung in der Kinoluft - wie Kinobesucher mit ihrem Atem etwas über die Filmszenen verraten
Bei manchen Filmen liegt die Spannung förmlich in der Luft – und das nicht nur im übertragenen Sinn. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben während verschiedener Filmvorführungen die Luft in Kinosälen vom Cinestar in Mainz analysiert und festgestellt: Jeder Film hinterlässt ein charakteristisches Muster in der Atemluft.
13. November - VIDEO STUDIES [17.30 Uhr Kunsthochschule Mainz]
Prof. Dr. Martha Buskirk (Montserrat College of Art in Beverly, Massachusetts)
Broadcast Yourself – Online Video and the Consumer as Producer
Eine Veranstaltung der Kunsthochschule Mainz:
50 Years of Video. Vom Portapak zu Instagram, Internationale Tagung, 13./14.11.2018. Gefördert vom Gutenberg-Forschungskolleg der JGU,
Organisation: Prof. Dr. Dieter Daniels, Jan Thoben, Lisa Weber
www.kunsthochschule-mainz.de/2018/07/symposium-50-years-of-video
YouTube’s utopian promise to replace corporate and governmental control of the airwaves with direct access to an ever-growing community of users has dramatically transformed the experience of video. The creation of an experiential field saturated with moving images has been greatly facilitated by decentralized distribution channels, widespread access to mobile viewing and recording technology, along with readily available editing software. Humor, how-to, personal narrative, marketing, cultural critique, and political activism are all part of a continuum ranging from banal to extreme, where users easily morph into producers, and where the posting and recirculating of both found and original imagery are all tightly intertwined.
Im Anschluss, 19:00 Uhr: Kristoffer Gansing (transmediale Berlin)
Lecture Performance: Blockbuster Video - Tracing the Afterlives of a Medium
20. November - MEDIZIN
Prof. Dr. Livia Prüll (Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Transidentität/ Transsexualität in den Medien
Spätestens seit den 1930er Jahren wurden diejenigen Menschen, deren gefühltes und körperliches Geschlecht nicht zusammenpassen, in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Der Vortrag widmet sich vor allem der Zeit nach 1945, in der sich die Wahrnehmung des Phänomens verstärkte. Auf der Grundlage von Filmausschnitten wird den unterschiedlichen Darstellungsmustern von "Transidentität" nachgespürt. Auch wird nach der Funktion gefragt, die das Thema im Film hatte und weiterhin hat.
27. November - MEDIZIN
Prof. Dr. Antonia Lant (Department of Cinema Studies, Tisch School of the Arts, New York University)
Having Twins - Biological Reproduction, Painting, and early Film
From 1909 scientists were able to register cell splitting with the motion picture camera. Citosis had been observed with the microscope since earlier in the nineteenth century, but now these dramatic micro instances of growth could be witnessed as moving image events. My talk explains that heredity was a key theme of the art and media of the era. Through reference to the films of Parisian surgeon Dr. Eugène Doyen, and micro-biologist Jean Comandon, as well as prints and paintings by Mary Cassatt, we learn that there was a clear emphasis on twinning in this period, a perception of the joined condition as primary; the double as the basic state.
4. Dezember - PÄDAGOGIK
Prof. Dr. Stefan Aufenanger (Institut für Erziehungswissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Filmbildung - Was tragen Filme zu Erziehung und Bildung bei?
Der Vortrag möchte zum einem aufzeigen, welche Bedeutung Filmbildung in der Pädagogik hat und welche Konzepte dahinterstehen. Zum anderen soll an einigen Beispielen gezeigt werden, wie Filmgespräche zu ausgewählten Filmen Bildungsprozesse initiieren können.
11. Dezember - RECHTSWISSENSCHAFT
Prof. Dr. Dieter Dörr (Abt. Rechtswissenschaft, Medienrecht, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Die Filmfreiheit - unabdingbare Voraussetzung für die freiheitliche Demokratie
Wenn es um die unabdingbaren Voraussetzungen für den demokratischen Rechtsstaat geht, stehen stets die Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit im Zentrum der juristischen und rechtspolitischen Diskussion. Dagegen bleibt die Filmfreiheit erstaunlich „unterbelichtet“, obwohl sie in Art. 5 Abs. 1 GG neben den vorgenannten Freiheiten gleichberechtigt aufgeführt wird. In dem Vortrag wird u.a. dargelegt, dass auch und gerade der Film einen entscheidenden Beitrag für einen umfassenden und offenen Kommunikationsprozess zu leisten vermag und daher die Filmfreiheit für die demokratische Willensbildung unverzichtbar ist.
18. Dezember - GEOGRAPHIE
Dipl.-Geogr. Elisabeth Sommerlad (Institut für Geographie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Filmgeographie – Kulturgeographische Perspektiven auf filmische Welten
Die Filmgeographie beschäftigt sich als eigene kultur- bzw. mediengeographische Disziplin mit komplexen filmisch erzeugten geographischen Imaginationen deren lebensweltlich manifestierten Wechselwirkungen und Effekten. Der Vortrag gibt ein Überblick über die Disziplingeschichte der Filmgeographie und reißt exemplarische Themenfelder an, die im Rahmen filmgeographischer Studien bearbeitet werden. Darüber hinaus werden zukünftige Entwicklungstendenzen der Filmgeographie aufgezeigt und zur Diskussion gestellt.
8. Januar - VISUELLE ANTHROPOLOGIE
Dr. Thorolf Lipp (ARCADIA Filmproduktion Berlin)
Visuelle Anthropologie in öffentlich-Rechtlichen Medien? Gedanken zu einer scheiternden Beziehung
Betrachtet man die Rundfunkstaatsverträge, dann sollte es zumindest in den ö/r TV-Programmen einen hohen Anteil an Programmen mit ausgesprochenen Bildungsinhalten geben. Auch die Perspektive von EthnologInnen müssten dazugehören, die die Geschichte des Nonfiktionalen Films immer wieder maßgeblich beeinflusst haben. Das ist heute aber kaum je der Fall. Im Gegenteil gelten in der Bewegtbildindustrie ethnologische Themen, im Grunde aber alle kultur- und geisteswissenschaftliche Inhalte, als ausgesprochen sperrig. Andererseits haben von ethnologischen Epistemologien motivierte audiovisuelle Produktionen oft nicht im Blick, dass das Schmiermittel für komplexe Stoffe zeitgemäße dramaturgische Zugriffe sind, deren Vermittlung und Entwicklung wiederum nicht Teil der einschlägigen Studiengänge sind. An den Universitäten wiederum spielen Audiovisionen als Produkt wissenschaftlicher Forschung immer noch so gut wie keine Rolle. Derzeit scheitert die Beziehung eher, als dass sie glücken würde. Gibt es dennoch Hoffnung?
15. Januar - LITERATURWISSENSCHAFT
Prof. Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer (Deutsches Seminar, Universität Tübingen)
Zwischen Mainstream und Avantgarde – Neue Perspektiven auf den Kinderfilm
Harry Potter, Ice Age, Toy Story – mit dem Kinderfilm verbindet man oftmals erfolgreiche und auch in Serie produzierte Blockbuster. Dass sich der Kinderfilm seit den 1920er Jahren ebenso an Avantgarde-Strömungen orientiert hat, wurde bislang übersehen. Anhand ausgewählter internationaler Kinderfilme wird das Wechselspiel zwischen Mainstreamkino und Avantgarde demonstriert.
22. Januar - ISLAM- / MEDIENWISSENSCHAFT
Dr. Christoph Günther, Dr. Bernd Zywietz (Institut für Ethnologie und Afrikastudien, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Dschihadistische VIdeo-"Propaganda" und digitale Annotation: Ein Werkstattbericht
Das Forschungsprojekt „Dschihadismus im Internet“ (gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung) befasst sich u.a. mit der Untersuchung dschihadistischer Web-Videos und daran anschließender Kommunikate im Netz. Entwickelt werden dafür ein multimodales digitales Annotationstool und eine Forschungsdatenbank als Plattform.
Der Werkstattbericht thematisiert die Problematik im interdisziplinären Umgang mit „Propaganda“ – sowohl als Begriff wie als multimodales Konzept, für die klassische filmwissenschaftliche Analyseansätze allein nicht ausreichen. Daran anschließend werden Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen in Entwicklung und Einsatz digitaler Video-Annotation aus geistes- und kulturwissenschaftlicher Sicht skizziert und diskutiert.
29. Januar - SPORT
Dr. Tullio Richter-Hansen (Institut für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
BEWEGUNG/S/BILDER. Vom Sportfilm zum Filmsport als Gegenstand transdisziplinärer Forschung
Sich aus filmwissenschaftlicher – also non-empirischer – Perspektive dem Sport zu widmen, wirft zahlreiche methodologische Fragen auf, etwa wie mit den Quantifizierungs- bzw. Qualifizierungstendenzen des Leistungssports und auch der Sportwissenschaft umzugehen ist. Ausgehend von den frappierenden historischen Parallelen lässt sich die Verbindung von Film und Sport als wechselseitig konstitutiv konzipieren. In diesem Sinne erscheint die strategische Verschiebung von einer gattungslogischen Forschungsausrichtung (Sportfilm) zu einer szenisch fokussierten Ästhetik (Filmsport) produktiv. Dies verspricht zudem, der Priorisierung von Bewegung, die beiden Feldern gemeinsam ist, transdisziplinär Rechnung tragen zu können.
5. Februar - KUNSTGESCHICHTE
Dr. Philipp Scheid (Kunstgeschichtliches Institut, Philipps-Universität Marburg)
Der Dionysos des Rainer Werner Fassbinder oder: Was KunsthistorikerInnen (noch) in Filmen sehen
Die in den letzten Jahrzehnten vollzogene Wende von einer Kunst- zur Bildwissenschaft hat nicht nur zu einer Grundsatzdebatte über Inhalt und Ausrichtung der Disziplin geführt, sie hat auch eine stärkere Anerkennung des Films als Gegenstand kunsthistorischer Forschung gebracht. Ausgehend von einem Bildzitat in Fassbinders DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT (und weiteren Filmbeispielen) soll die Perspektive von KunsthistorikerInnen auf das Medium Film deutlich werden.
12. Februar - SOZIOLOGIE
Prof. Dr. Markus Schroer (Institut für Soziologie, Philipps-Universität Marburg)
Gesellschaft im Film - Eine soziologische Perspektive
Der Vortrag soll die enge Beziehung aufzeigen, die zwischen Gesellschaft und Film besteht. In den Mittelpunkt der Überlegungen soll dabei die Wechselseitigkeit dieser Beziehung gerückt werden. Nicht nur wird der Film als Spiegel der Gesellschaft vorgestellt, sondern auch umgekehrt nach den Rückwirkungen des Films in die Gesellschaft gefragt. Diese, so die These, erweisen sich als so vielfältig und massiv, dass sich die Gegenüberstellung von Gesellschaft und Film zugunsten der Vorstellung von einer filmenden und gefilmten Gesellschaft auflöst.