Symposium: Venedig als mediale Imagination 2019

Am 4. und 5. Juli 2019 fand das Symposium „Venedig als mediale Imagination“ statt. Die Veranstaltung war Teil der internationalen Konferenzreihe Cities in Medial Imagination, die seit 2015 in Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft (Prof. Dr. Oksana Bulgakowa, Dr. Roman Mauer) und dem Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Prof. Dr. Anton Escher, Dipl.-Geogr. Elisabeth Sommerlad) organisiert und vom Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS) gefördert wird.

Im Mittelpunkt der Konferenz standen Fragen nach medial imaginierten und vermittelten Vorstellungen Venedigs. Zentrales Anliegen war es, Wissenschaftler verschiedener Disziplinen zusammenzubringen, um Venedig nicht nur aus diversen medialen Perspektiven (z.B. literarisch, filmisch, diskursiv) zu erforschen, sondern auch die Interdependenzen, Interaktionen und Unterschiede zwischen medialen Formen und Figuren zu identifizieren.

Mit ihrem literaturwissenschaftlich ausgerichteten Vortrag eröffnete Marita Liebermann (Deutsches Studienzentrum Venedig) die Veranstaltung. Sie sprach über Marcel Prousts À la recherche du temps perdu und widmete sich unter anderem der Frage, wie dieser Autor Venedig als einen verlorenen Ort in seinem mehrbändigen Romanwerk charakterisiert. Daran anschließend konzentrierte sich der Musikwissenschaftler Peter Niedermüller (JGU Mainz) auf den venezianischen Komponisten Luigi Nono und die Frage nach dem Klang der Lagunenstadt, ihrer Bedeutung und Musikalisierung. Den italienischen Filmregisseur Luchino Visconti, der sich in seinen zentralen Werken mit Venedig als Ort der Erstarrung und des Verfalls beschäftigt hat, rückte Bernd Kiefer (Filmwissenschaft, JGU Mainz) in den Fokus Der Vortrag schlug dabei, ganz im interdisziplinären Sinne der Konferenz, eine Brücke zur Literaturwissenschaft, da Visconti u.a. Thomas Manns Roman Der Tod in Venedig (1911) adaptiert hat. Nach der Mittagspause führte Comicbuchverleger Eckart Sackmann, der u.a. die in Venedig spielende Comicreihe Giacomo C. herausbringt, in die Darstellung Venedigs im Comic ein und wies zahlreiche Parallelen zwischen historischen Gemälden und Comicdarstelltungen der Stadt nach. Den Abschluss des Tages bildete der Vortrag von Andreas Rauscher (Medienwissenschaft, Universität Siegen) zu Topographien Venedigs im Videospiel. Sein Vortrag arbeitete heraus, welche vielfältigen Möglichkeiten für Abenteuer- und Strategiespiele die Lagunenstadt aufgrund ihrer besonderen Lage, Bebauung, Historie und Atmosphäre bietet. Den zweiten Konferenztag eröffnete der Begründer der Mainzer Filmwissenschaft, Thomas Koebner (Emeritus), mit einem Vortrag über das Leitmotiv der Augentäuschung, das sich durch zahlreiche literarische und filmische Inszenierung Venedigs zieht. Einen lebensweltlichen Fokus wählte Roman Mauer (Filmwissenschaft, JGU Mainz), der sich mit dem Phänomen des Fake Venedig befasste. Im Fokus seines Vortrags standen materielle Nachbildungen der Lagunenstadt als Themenpark, Themenhotel oder Themengemeinschaft, die heute global in unterschiedlichen Maßstabsebenen zu finden sind. Aus filmgeographischer Perspektive beleuchteten Anton Escher und Elisabeth Sommerlad (Geographie, JGU Mainz) daran anschließend die Inszenierung von Venedig als Stadt der Liebe in zeitgenössischen Hollywoodspielfilmen. Oksana Bulgakowa (Filmwissenschaft, JGU Mainz) befasste sich hingegen mit der Darstellung Venedigs in literarischen und filmischen Imaginationen aus Russland und ergänzte somit das Themenspektrum aus einer anderen kulturellen Perspektive. Zum Abschluss der Konferenz kam das Plenum zu einem Werkstattgespräch mit Eckart Sackmann zusammen. Dieser führte zunächst in die von ihm herausgegebene Comicbuchreihe Giacomo C. (Dufaux und Griffo) ein und legte eindringlich dar, wie Autor und Zeichner darin eine facettenreiche Imagination von Venedig generieren, die an historischen Figuren und Gemälden orientiert und mit fantasievollen Elementen aufgeladen ist. Das Werkstattgespräch lud alle Teilnehmer*innen zu einer lebhaften Diskussion ein, in deren Rahmen auch die einzelnen Beiträge der Konferenz konstruktiv diskutiert wurden. Wie das abschließende Wrap Up zeigte, stellten sich die unterschiedlichen eingenommenen Perspektiven auf Venedig als gewinnbringend und erkenntnisreich heraus. Das Symposium hat somit fruchtbare Ergebnisse und neue Möglichkeiten der interdisziplinären akademischen Zusammenarbeit gefördert.